Zum Inhalt springen
Startseite » Story Kodachchrome – Aufstieg, Verbot, Revival-Träume

Story Kodachchrome – Aufstieg, Verbot, Revival-Träume


Story Kodachchrome beginnt 1935, als Eastman Kodak gemeinsam mit den Musikern-Erfindern Leopold Mannes und Leopold Godowsky Jr. den ersten praktikablen Dreischichten-Farb­umkehrfilm vorstellt. Kodachrome war revolutionär: Drei Schwarz­weiß­schichten, jeweils nur für Rot, Grün oder Blau sensibilisiert, erzeugten nach dem komplexen K-14-Prozess brillante Cyan-, Magenta- und Gelbfarbstoffe – Silberreste wurden komplett entfernt, sodass einzig reine Farbstoffe übrig blieben. Die Farbstabilität war legendär und machte die Emulsion schnell zur Referenz für Print- und Magazin­fotografie.

In den ­1940er- bis 1980er-Jahren feierte Kodachrome seine goldene Ära. National Geographic, Life Magazine und zahllose Diavorträge lebten von seinem samtigen Mikrokontrast und der warmen, dennoch natürlichen Palette. Steve McCurrys ikonisches „Afghan Girl“ von 1984 wurde darauf belichtet, genauso wie zahllose Urlaubsdias aus Familienarchiven – eine Pop-Ikone, besungen von Paul Simon 1973. Diese Glanzphase ist Kern jeder Story Kodachchrome, denn kaum ein anderes Fotomaterial prägte das kollektive Farbbild der Nachkriegszeit so stark.

Doch die Kehrseite war der Prozess selbst: K-14 verlangte 14 Bäder mit temperaturkritischen, teilweise toxischen Chemikalien. Nur Kodak-autorisi­­erte Großlabore konnten ihn meistern. Als konkurrierende E-6-Filme (Ektachrome, Fujichrome) leichter zu entwickeln waren und Digitalkameras Marktanteile klauten, wurde Kodachrome wirtschaftlich untragbar. Kodak stellte die Produktion 2009 ein; die Entwicklungs­kapazitäten schrumpften rasant, weil jede fehlende Rolle den ohnehin teuren Chemiekreislauf blockierte.

Das offizielle „Verbot“ kam also nicht per Gesetz, sondern als marktwirtschaftliches Aus: Ohne Chemie, kein Film – ohne Film, keine Chemie. Die Story Kodachchrome erhielt einen dramatischen Schlusspunkt am 30. Dezember 2010: Dwayne’s Photo in Parsons, Kansas, entwickelte die allerletzte Rolle; auch sie stammte von McCurry. Damit endete eine 75-jährige Ära in einer einzigen Laborstraße.

Seither wabern Revival-Gerüchte. 2017 deutete Kodak an, man prüfe eine Neuauflage, zog die Aussage jedoch zurück. Hoffnung nährte 2018 die Wiedergeburt von Ektachrome E100; wenn ein komplexer Umkehrfilm zurückkehren kann, warum nicht Kodachrome?  2024 folgte die nächste Überraschung: Photo Systems und CineStill nahmen unter Kodak-Lizenz die Original-C-41- und bald auch E-6-Chemikalien neu in Produktion, während der britische Distributor Dupli die Vertriebsschiene für Europa aufbaute. Schwarz­weiß-Chemie ist bereits erhältlich, Farblösungen sollen laut Hersteller noch 2025 folgen – ein kleiner, aber symbolischer Schritt, der die Revival-Träume rund um Kodachrome neu anheizt.

Trotzdem bleiben gewaltige Hürden: Die patentfreien, aber umwelt­problematischen Farbcoupler des K-14-Prozesses müssten neu formuliert werden, moderne Behörden müssten die Chemie zulassen, und es bräuchte weltweit genug Belichter, um einen einzigen Großprozessor auszulasten. Bis dahin lebt Kodachrome als Mythos weiter – in gefrorenen Dia­archiven, in Paul Simons Song und in jedem Artikel, der die Story Kodachchrome weitererzählt. Vielleicht erleben wir eines Tages einen echten Neustart; bis dahin inspiriert der Film Generationen von Analogfans dazu, das Unmögliche trotzdem zu träumen.

Quellen – Story Kodachchrome
# Titel / Quelle Autor / Publikation Datum Link
1 Kodachrome (Wikipedia-Artikel) Wikipedia-Mitwirkende Zugriff 21.06.2025 URL
2 A Brief History of Kodak's Kodachrome Claire Suddath / TIME (Portland Center Stage) 2010 URL
3 Kodachrome Might Make a Comeback, And You Could Help Adam Ottke / Fstoppers 11.01.2017 URL
4 New EKTACHROME Films to Begin Shipping Eastman Kodak (Pressemitteilung) 18.09.2018 URL
5 Kodak Professional Chemistry Is Back! Arvin Santiago / CineStill Blog 28.03.2024 URL
6 Kodak Professional B&W Chemistry now from Dupli & CineStill Molly Kate / 35mmc 13.04.2024 URL
7 The Last Roll of Kodachrome—Frame by Frame! David Friend / Vanity Fair 09.02.2011 URL
Stefan Strößenreuther

Stefan Strößenreuther

Ich fotografiere bevorzugt analog – mit Kleinbild- und Mittelformatsystemen, weil ich die bewusste Herangehensweise, das entschleunigte Arbeiten und die handwerkliche Qualität des Mediums schätze. Für mich ist Fotografie nicht nur ein technischer Prozess, sondern ein kreativer Dialog mit Licht, Motiv und Material. Die Begrenzung auf 12 oder 36 Aufnahmen zwingt zur Konzentration – jedes Bild ist eine Entscheidung.