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Mehrfachbelichtung Canon A1


Die Mehrfachbelichtung Canon A1 ist für viele Film-Fotograf*innen der ultimative Kreativ-Booster: Du brauchst weder Photoshop noch aufwendige Masken in der Dunkelkammer, um verträumte Überlagerungen, Doppelporträts oder surreale Landschaften zu erzeugen – alles passiert direkt in deiner Kamera von 1978. Dass die A-1 dabei fast schon digital bequem arbeitet, liegt am cleveren Mechanismus auf der Deckkappe: Mit einem sanften Druck auf den Rewind-Knopf und einem Zug am kleinen Mehrfach­belichtungshebel spannst du den Verschluss neu, ohne den Film weiter­zuspulen. Klingt simpel, hat aber enorme gestalterische Tiefe.

Mehrfachbelichtung Canon A-1 – Schritt-für-Schritt-Guide
# Abschnitt Aktion / Details
1 Kamera vorbereiten Film einlegen (z. B. Portra 400, HP5) und ISO einstellen.
Frische 6-V-Batterie (4LR44) einsetzen.
Mehrfachbelichtungs-Hebel auf der Deckkappe lokalisieren.
2 Belichtungs­formel Jede zusätzliche Belichtung erfordert Unter­belichtung, damit das Negativ nicht überläuft.

# ExposuresKorrektur
2−1 EV
3−1,5 EV
4−2 EV
Beispiel: 1/500 s statt 1/250 s oder Blende 8 statt 5,6.
3 Aufnahme 1 Motiv wählen (z. B. Silhouette).
EV-Korrektur einstellen, auslösen – Film transportiert noch nicht.
4 Mehrfach­modus aktivieren
  1. Film-Rewind-Knopf (Boden) gedrückt halten.
  2. Mehrfachbelichtungs-Hebel zum weißen Punkt schieben.
  3. Transport­hebel ganz durchziehen → Verschluss spannt, Film bleibt stehen.
  4. Hebel loslassen (springt zurück).
Vorgang für jede weitere Belichtung wiederholen.
5 Aufnahme 2 + Ideen
  • Textur × Porträt: Portrait zuerst, dann unscharfe Blumenwiese.
  • Skizzen: Transparente Folie mit Zeichnung vor die Linse.
  • Mask-&-Reveal: Schwarze Pappmaske deckt Bildteile ab.
Nach letzter Mehrfachbelichtung Hebel normal spannen, um zum nächsten Frame zu gelangen.
6 Praxistipps Stativ + Selbstauslöser mindern Verwackler.
Testrolle schießen und Notizen führen.
Beim Scannen „low contrast / unbewertet“ anfordern – gibt Reserve fürs Feintuning.
7 Skizzen & Beispiele (Siehe Bild-/Skizzen-Galerie im Beitrag.)
Hebelstellung, Mechanismus-Close-up, Beispiel-Shot „Portrait + Blüten“, Verschluss im Doppel­belichtungs­zustand.
8 Fazit Die Mehrfachbelichtung Canon A-1 liefert traumhafte Überlagerungen ohne Photoshop.
Beherrsche EV-Korrekturen und den ME-Hebel – schon hast du endlosen Kreativ­spielraum auf einer einzigen 36er-Rolle.

Warum gerade die Canon A-1?

Die A-1 vereint Zeit-, Blenden- und Programmautomatik. Vor allem die manuelle Zeit- oder Blenden­steuerung macht eine saubere Belichtungskorrektur kinderleicht. Bei einer Doppelbelichtung regle ich jede Aufnahme um -1 EV herunter; die eingebaute LED-Anzeige im Sucher zeigt sofort, wie weit ich gehen muss. So bleibt selbst bei hellen Himmeln noch Zeichnung übrig, während die dunkleren Bildteile der zweiten Aufnahme nicht zulaufen. Andere Klassiker wie die AE-1 bieten zwar ebenfalls einen Mehrfach­hebel, doch nur die Mehrfachbelichtung Canon A1 erlaubt mir dank sensorgesteuertem Belichtungsmesser eine sekundenschnelle Gegen­kontrolle.

Kreative Rezeptideen

  • Dreamy Portrait + Texture – Zuerst ein Close-up mit weicher Offenblende, danach eine unscharfe Blumenwiese. Die Textur legt sich wie Bokeh-Konfetti über die Haut.
  • Tag & Nacht – Morgendliche Silhouette gegen die Sonne belichten, am Abend denselben Frame noch einmal mit Neonlichtern füllen. Zwei Welten auf 36 × 24 mm.
  • Skizzen-Overlay – Eine mit Fineliner bemalte Folie vors Objektiv halten, auslösen, Folie entfernen, Motiv zwei exponieren. Fertig ist das händische „AR-Filter“.

Alle drei Varianten profitieren von einem Stativ, aber gerade unterwegs lässt sich die Mehrfachbelichtung Canon A1ebenso spontan einsetzen. Wichtig: Notiere nach jedem Shot kurz Blende, Zeit und Motiv­idee. Beim Entwickeln erkennst du später sofort, welche Mischung funktioniert hat.

Workflow-Tipps für knackige Ergebnisse

  1. Filmwahl: Farbnegative wie Portra 400 oder Gold 200 besitzen großen Dynamik­spielraum. Für Schwarzweiß liebe ich Ilford HP5, weil er sich klaglos um 1–2 EV schieben lässt.
  2. Belichtungs­messung: Bei Gegenlicht besser Spotmeter aufs Gesicht legen oder 1 EV zusätzlich abziehen.
  3. Labor-Scan: Bitte dein Labor um „flach“ gescannte TIFFs. Dann hast du mehr Reserve, um die Balance zweier Überlagerungen digital leicht feinzutunen, ohne den analogen Charakter anzutasten.

Fazit

Die Mehrfachbelichtung Canon A1 kombiniert das haptische Erlebnis des Filmtransport-Hebels mit einem Look, den moderne Apps nur imitieren. Sobald du den EV-Ausgleich verinnerlicht hast, öffnet sich ein Spielfeld aus Licht, Textur und Zeit – und jede 36er-Rolle wird zum Mini-Storyboard voller überraschender Doppelwelten. Probier es aus, halte deine Ergebnisse fest und lass dich von der Magie überzeugen, die in diesem fast 50 Jahre alten Kamera­klassiker steckt.

Stefan Strößenreuther

Stefan Strößenreuther

Ich fotografiere bevorzugt analog – mit Kleinbild- und Mittelformatsystemen, weil ich die bewusste Herangehensweise, das entschleunigte Arbeiten und die handwerkliche Qualität des Mediums schätze. Für mich ist Fotografie nicht nur ein technischer Prozess, sondern ein kreativer Dialog mit Licht, Motiv und Material. Die Begrenzung auf 12 oder 36 Aufnahmen zwingt zur Konzentration – jedes Bild ist eine Entscheidung.